HYMNE AN DIE GÖTTIN

 

Grüß Göttin, sei gegrüßt, Große Mutter,

dreifaltige Göttin und Königin des Himmels, der Erde und der unteren Welt.

Sei gegrüßt, dreifache Mondgöttin,

Göttin der Sonne, der Sterne, des Universums.

Als Anna selbdritt zeigst du dich uns

In all deinen Wandlungen.

Sei gegrüßt in all deinen Gestalten

und mit all deinen Namen.

 

Seit tausenden von Jahren

dürfen wir dich vertrauensvoll Mutter rufen,

In allen Sprachen dieser Welt,

als Mutter, mother, Mut, Anat, ama, Anna und vielen mehr,

und alle bedeuten eines: Du, unsere Mutter.

Mit Stolz und Dankbarkeit

trage ich meinen spirituellen Namen – Annapurna –

Die vollkommene Nahrung – Mutter

 

Grüß Göttin, sei gegrüßt, Große Mutter,

du – gezähmt, geschmäht und kleingemacht

von den Vätern und selbsternannten Herren,

denen in ihrem Größenwahn das Wort Vater nicht genug ist,

und sie das Wort - Gott – erfinden mussten.

Am Anfang war das Wort, haben sie gesagt,

und auch wenn dieses Wort Fleisch geworden ist,

hat man damit den Geist vom Körper getrennt.

Sie haben das Fleisch zur Sünde erklärt,

den Geist aber erhöht, ja, überhöht,

und damit diesen männlichen Gott

in immer weitere Ferne gerückt,

weit weg von den Menschen und der Natur,

ganz weit weg von dir

Große Mutter,

die du immer bei uns warst und bist

um uns, und in uns.

 

Grüß Göttin, sei gegrüßt, Große Mutter,

Du, die im Namen eines eifersüchtigen Gottes

Ihrer Göttlichkeit beraubt wurde,

deine Töchter und Priesterinnen

Verfolgt, gefoltert, verbrannt, getötet,

deine Namen ausradiert,

deine Gestalten dämonisiert und verteufelt,

bis nur noch ein kümmerlicher Rest von dir übrig blieb,

als Gebärerin und Dienerin dieses Vatergottes

und seinen gewalttätigen

und frauenverachtenden Priestern und Jüngern.

 

Grüß Göttin, sei gegrüßt, Große Mutter,

die jedoch nie im Volk in Vergessenheit geriet.

In den Herzen haben sie dich bewahrt,

vor allem die Frauen, meine Schwestern,

die sich in dir gespiegelt sehen,

aber auch die Männer, im Brauchtum,

oftmals ohne zu wissen, was sie tun.

 

Dich, Große Mutter, nennen wir Göttin,

auch wenn der Name von einem männlichen Gott hergeleitet wurde,

und gerade, weil dieser eifersüchtige, ferne Gott,

und vor allem seine Priester und Jünger

Die Verweiblichung dieses Namens ablehnen, verurteilen und verteufeln.

Gerade darum nennen wir dich Göttin,

voller Freude und Stolz, Große Mutter,

nennen wir dich unsere Göttin.

 

Grüß Göttin, sei gegrüßt, Große Mutter,

Von den mächtigen Vatergöttern herabgewürdigt,

kleingehalten, unterworfen und domestiziert,

überall auf der Welt.

Aber du bist die Welt,

du, Große Göttin, bist allschöpfend

allumfassend,

du bist sichtbar und greifbar,

bist in allem enthalten.

Jeder Stein, jeder Baum,

Mensch und Tier, alles bist du,

niemals fern, immer da.

 

Grüß Göttin, sei gegrüßt, Große Mutter,

Dir verpflichten wir uns -

Mit dir – und durch dich -

Wollen wir an einer besseren Welt bauen,

Ohne Vorurteile, ohne Hass oder Rassismus,

Verbunden mit all unseren Geschwistern,

Frauen und Männern, Tieren und Pflanzen,

denn durch Dich, in Dir

Gehören wir zusammen.

Niemand ist besser,

keine und keiner ist schlechter,

jeder und jedem das Gleiche,

Denn diese Welt gehört niemand,

Außer Dir.

 

Grüß Göttin, sei gegrüßt, Große Mutter,

in deinem Angesicht bekennen wir uns dazu,

dass die Welt nicht getrennt ist vom Göttlichen,

dass alles mit allem verbunden ist,

dass sich das Große im Kleinen spiegelt

und das Kleine im Großen,

dass die innere und äußere Natur eins sind

und es keine Trennung gibt,

dass alles, was uns umgibt, heilig ist.

 

Dich, Göttin, Große Mutter,

feiern wir,

wir beten, singen und tanzen,

und jeder Atemzug ist ein Gespräch mit dir.

Grüß Göttin,

Sei gegrüßt, Große Mutter,

du, die du allgegenwärtig bist,

in jedem Gebet,

in jedem Lied,

in jeder Gebärde,

Und in jedem Atemzug!

Mutter!

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Herta Blamauer, Braunau am Inn

 

Sommersonnenwende 2025


Die Tochter - der 2. Roman

 

 

 

INFORMATIONEN ZUM BUCH

Herta Blamauer
DIE TOCHTER
Roman
ISBN:  978-3-903190-40-5
1. Auflage März 2021, Hardcover, Fadenheftung, Lesebändchen
436 Seiten, € 24,20

Das Buch ist im "Verlag am Rande" erschienen.

4621 Sipbachzell, Sitzbergstraße 31/2, Österreich

Maria Rosa liegt nach einem Selbstmordversuch im Koma.
Sie schwebt in einer Traumwelt zwischen ihrem physischen Körper in der Intensivstation und Erinnerungsbildern aus ihrer Vergangenheit. Erneut durchlebt sie ihre innere Zerrissenheit,
ihre Vaterlosigkeit, die zunehmende Entfremdung von ihrer Mutter, ihren Hang zur Selbstzerstörung und schließlich die Ausweglosigkeit, die in den Suizidversuch mündete.
Sie muss sich entscheiden, ob sie leben oder sterben will.

Ihre Mutter Maddalena und deren ehemalige Therapeutin, Eva Gruber, begleiten diesen Prozess. Auch sie müssen sich der Vergangenheit stellen.

Eine Geschichte über die Beziehung zwischen Müttern und Töchtern, die Suche nach den Wurzeln und das Ringen um die eigene Identität. Auch eine Geschichte über die Fähigkeit, alte Wunden zu heilen und die Kraft der Liebe.

LESEPROBE

Ich blieb einen Augenblick beim geöffneten Fenster stehen, bevor ich Maddalena anrief.
Sie hob gleich nach dem ersten Klingelton ab.
„Sì?“ Atemlos klang ihre Stimme, atemlos und ungeduldig.
„Ich habe leider keine allzu guten Nachrichten“, begann ich vorsichtig.
„Ja, ich habe Maria Rosa gefunden. Sie war in Ihrer Wohnung, ich habe sie bewusstlos aufgefunden.
Maria Rosa … Mia … Es schaut ganz nach einem Selbstmordversuch aus.“
„Per amor di Dio! Lebt sie? Wie geht es ihr?“
„Ja, sie lebt. Ich habe den Notarzt verständigt und sie wird gerade in die Klinik gebracht.
Ich kann Ihnen leider nicht sagen, wie es ihr geht.“
„O Dio … Frau Dr. Gruber, ich danke Ihnen. Ma che cosa posso fare? Was kann ich tun?“
Ich versuchte, sie zu beruhigen. Blinder Aktionismus war jetzt sicher nicht angebracht.
„Ich glaube, im Moment noch gar nichts.
Aber ich werde anschließend in die Klinik fahren, ich soll mich sowieso dort melden, als Kontaktperson, meinte die Notärztin.
Ich muss Sie darum bitten, dass ich mich in Ihrer Wohnung umsehen kann, damit ich irgendwelche Papiere – den Pass oder so – finde.“
„Sì, sì, naturalmente, natürlich können Sie sich umsehen.
Frau Dr. Gruber, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Sie dort sind …
dass Sie meine Tochter … la mia piccolina, mia bimba … gefunden haben … so froh und so dankbar …“
Ihre Stimme, normalerweise sogar durch das Telefon volltönend, klang sehr leise,
und ich fühlte eine Welle von Mitgefühl für Maddalena als Mutter,
mich erinnernd, wie sehr mich die Krise meiner Tochter vor zwei Jahren mitgenommen hatte.
„Ich verspreche Ihnen“, sagte ich ihr, „ich fahre anschließend sofort in die Klinik und werde mich genauestens informieren.
Ich bin dort nicht ganz unbekannt und denke doch, dass ich eine Auskunft bekomme, auch wenn ich nicht verwandt bin.
Und ich rufe Sie sofort an, wenn ich irgendetwas in Erfahrung gebracht habe!“
„Grazie, grazie, tante mille grazie“, ihre Stimme war beinahe nur noch ein Flüstern,
„ich danke Ihnen so sehr, ich danke Ihnen tausendmal …
Wissen Sie“, fuhr sie nach einer kurzen Pause fort, „wir haben so viele Probleme miteinander, Mia und ich,
aber sie ist doch meine Tochter … mia figlia … und ich liebe sie doch so sehr, auch wenn sie mir das oft nicht so recht glaubt.“
„Frau Noccioli“, unterbrach ich sie, „das ist jetzt alles nicht so wichtig,
jetzt geht es erst einmal darum, dass Mia wieder auf die Beine kommt,
dann wird sie ihre Mamma sehr wohl brauchen, denke ich, dann können Sie ihr das alles sagen.“
„Sie haben recht!“ Maddalenas Stimme klang jetzt etwas fester.
„Wissen Sie, ich bin eigentlich dabei, mich vorzubereiten, ich mache eine Ausstellung in New York …
eine Riesenchance für mich, aber wenn mich Mia braucht, muss ich das irgendwie hinkriegen, dass die verschoben wird.“
„Warten Sie erst mal ab. Ich schaue jetzt in Ihrer Wohnung, ob ich Mias Pass finde, und dann fahre ich in die Klinik.
Sobald ich etwas weiß, rufe ich Sie an, und dann können Sie immer noch entscheiden, was das Beste ist!“
Maddalena schien tatsächlich etwas ruhiger zu werden.
Wir verblieben damit, dass sie auf meine Nachricht warten würde, und verabschiedeten uns.
Anschließend machte ich mich auf die Suche nach irgendeinem Identitätsnachweis für Maria Rosa.